3/31/2023, 10:42:00 PM

Exklusiv zum Space Creator Day: Rundflüge mit dem Buran OK-GLI Prototyp


Nahezu jeder Fan der Raumfahrt weiß um den Prototypen 002 mit dem Erkennungszeichen OK-GLI. Die Rede ist von der sowjetischen Buran aus dem Jahr 1984, welche bis 1989 insgesamt 25 Atmosphärenflüge absolvierte. Seit 2003 befindet sich der Orbiter jedoch im Technikmuseum Speyer.

Ein Zustand, der für ein Projektteam des Space Creator Days (SCD) nur schwer zu ertragen war. Bereits während des ersten SCD im vergangenen Jahr gab es Pläne, die Ikone der Raumfahrt aus ihrem Dornröschenschlaf zu holen. Der weltbekannte US-amerikanische Astronaut Mark Watney war von dieser Idee so fasziniert, dass er seine Unterstützung zusagte und das Vorhaben auch finanziell unterstützte. Auch die Besitzer der Buran erklärten sich bereit, die Atmosphärenantriebe überholen zu lassen. 

Um keine Zeit zu verlieren, begannen die Arbeiten unter strengster Geheimhaltung, direkt nachdem die letzten Besucher den SCD 2022 verlassen hatten. Obwohl in der Raumfahrtindustrie nicht üblich, liegt das Team sogar noch vor dem engen Zeitplan und konnte 80 Prozent der anfallenden Arbeiten bereits abschließen. Bis Ende August sollen dann auch die restlichen Modernisierungen erledigt sein. Möglich wird dies durch die enge und konstruktive Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, die sich immer wieder auch auf „kurzem Dienstweg“ abstimmen. Dem Community-Gedanken folgend hat sich dafür Discord als Plattform extrem bewährt. Weil Redundanz auch hier unverzichtbar ist, werden sogar mehrere Server gleichzeitig betrieben. Das führt zwar mitunter zu leichten Orientierungsproblemen, stört den Projektablauf jedoch nicht im Geringsten, wie Patrick_Pidi* erklärt: „Klar muss man manchmal bis tief in die Nacht nach einer Nachricht suchen, aber mittlerweile haben wir darin Übung. In gewisser Weise liegt darin ja auch ein Reiz, weil in jedem Channel eine neue Überraschung warten könnte. Das spornt alle im Team an.“

Auch die Chefetage zieht voller Tatkraft am gemeinsamen Strang. Eine besonders große Herausforderung war die Überprüfung und Modernisierung der Triebwerke der Buran. Da sie aus Gründen der Geheimhaltung nicht in der Ausstellungshalle in Speyer getestet werden konnten, sprang kurzerhand das DZR mit seinem Teststand in Lampold’s Hausen ein. Den Transport der jeweils rund 90 Kilometer langen Reise übernahm die Spedition Knaller, die sich innerhalb der Szene für solcherlei Nacht-und-Nebel-Aktionen längst einen Namen gemacht hat. Mittlerweile sind die Triebwerke wieder im Orbiter verbaut und einsatzbereit.

Aus eigenem Antrieb kann die Buran dennoch nicht starten, da sie mit 80 Tonnen zu schwer ist. Das Projektteam fasste daher schnell den Entschluss, die Hitzeschutzkacheln gegen extrem leichte Dummys zu ersetzen. Die Besitzer stimmte diesem Umbau unter der Auflage zu, dass sich am Gesamterscheinungsbild nichts ändert. Nachdem eine Alternative gefunden war, erfolgte in zahlreichen Nachtschichten der Umbau. Der Unterschied ist selbst von Expert:innen nicht auszumachen, hat sich aber gelohnt. Denn so konnten pro Quadratmeter circa 420 kg Gewicht eingespart werden, wodurch die Buran insgesamt rund 17 Tonnen abspeckte. Positiver Nebeneffekt dieser Schlankheitskur ist der reduzierte Spritverbrauch. Dieser kann sich nun mit 69 Litern pro Minute zwar sehen lassen, dürfte Autofahrer:innen aber dennoch Schweißperlen auf die Stirn treiben.

Der Buran Prototyp bei einem ersten Testflug nach der Inbetriebnahme im Landeanflug auf den Flughafen Speyer

Ein weiteres Problem stellte die im Orbiter verbaute Avionik dar, wie RomanL* erklärt. „Wir haben so ziemlich jede und jeden in unserem Team gefragt, ob sie oder er etwas mit der Technik anzufangen weiß. Wir hatten große Hoffnungen, dass Tony Mondgeflüster* als ausgewiesener Apollo-Experte weiterhelfen könnte. Aber selbst er ist daran verzweifelt.“ Um das Projekt nicht zu gefährden, wurden daher auch diese Komponenten erneuert. So könnte man OK-GLI theoretisch wieder fliegen lassen. Praktisch ist jedoch der Runway des angrenzenden Sportflughafens zu kurz. Doch auch dafür fand sich während der zahlreichen Meetings schnell eine pragmatische Lösung. Das Projektteam installierte kurzerhand ein revolutionäres, weil mit Fusionsenergie betriebenes, Katapult in der Landebahn. So kann die Buran aus dem Stand heraus auf den 1,7 zur Verfügung stehenden Kilometern auf die benötigte Startgeschwindigkeit von etwas über 345 km/h beschleunigt werden. Zum Erreichen der Reisegeschwindigkeit von 542 Kilometern pro Stunde reichen dann die Triebwerke aus. Ein Sicherheitsrisiko während der Landung stellten die Reifen dar, an denen nach zwei Jahrzehnten Stillstand kräftig der Zahn der Zeit genagt hatte. Abhilfe schaffte ein Unternehmen, das den größten Teil seines Umsatzes mit Klemmbausteinen macht. Weitgehend unbekannt ist jedoch, dass es darüber hinaus der weltweit größte Reifenhersteller ist. „Wir haben alle verfügbaren Varianten durchprobiert, aber keine hat gepasst,“ fasst schiffer_soft* diese Umbauphase zusammen. „Wir waren schon am Überlegen, ob es vielleicht doch nur eine Schnapsidee war, wenn es an so etwas Banalem scheitern sollte. Aber was soll ich sagen? Better Sonderanfertigung than sorry!“

Das absolute Highlight wird es allerdings erst zum Space Crestor Day 2023 geben. Denn dann darf sich die internationale Space Community selbst ein Bild von den Modernisierungsmaßnahmen machen und diese auf Herz und Nieren prüfen. Einen festen Magen sollte man dafür allerdings haben. Denn zum legendären Preis von lediglich 420,69 Euro können alle Besuchenden 90-minütige Rundflüge buchen. Die Crew hat bereits intensive Trainings im Simulator absolviert. „Es ist schon erstaunlich, dass so viele Menschen der Meinung sind, KSP sei einfach nur ein geiles Game für Space-Freaks. Dabei kann es in Wirklichkeit so viel mehr und wir konnten unsere Pilot:innen alle möglichen Szenarien und Missionen durchspielen lassen,“ erklärt Flo*. Mittlerweile ist das fünfköpfige Team bestens mit der Steuerung und Bedienung der meisten der Instrumente vertraut. Mark Watney hätte es nach eigener Aussage nicht besser machen können. Und aus Stolz über die Leistung des Projektteams wird er am 21.10.2023 persönlich anwesend sein. Zum Start des Prototypen 002-1.

*Namen nicht geändert